BeDenken

Einfädeln

Unsere Gesellschaft ist im Wandel. Immer häufiger wird die Emotion der Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Wenn Regeln ein ungutes Gefühl verursachen werden sie zu Gunsten einer besseren Empfindung geändert.

Gefühl über Verstand ist die neue Devise, die immer mehr Anhänger findet, weil sich die Menschen danach sehnen, dass endlich ihre Empfindungen wahrgenommen werden. In einer immer mehr an Leistung orientierten Gesellschaft, die durch die Abschaffung staatlicher Absicherungen zunehmend an sozialem Zusammenhalt verliert, ist dies sicher verständlich.

Ist Logik also ein Auslaufmodell?

Gefühle sind etwas enorm Wichtiges. Aber, und das sollte man sich bewusst machen, sie beruhen stets auf unserem individuellen Verständnis für die Dinge die uns umgeben. Wie wir etwas empfinden wird dadurch bestimmt wie wir es verstehen.

Ein Beispiel:

Ich kenne viele Autofahrer, die über die Egoisten schimpfen, die sich nicht rechtzeitig in einen Stau einordnen, sondern zunächst an allen vorbeifahren um sich erst dann rein zu drängeln, wenn das Hindernis ein Weiterfahren unmöglich macht.

Na? Selbst erkannt?

Mein Eindruck ist, dass dies sehr viele Menschen so empfinden. Wer oft in Berlin unterwegs ist erlebt fast jeden Tag die dadurch entstehenden Kleinkriege im täglichen Stau. Wut macht sich dann auch schon mal durch Gesten Luft, wenn sich jemand reindrängelt, der ja bereits vor 100 Metern die Spur hätte wechseln können.

Betrachten wir kurz mal die geltenden Regeln.
Reißverschlussverfahren: So funktioniert es richtig (t-online.de)

Da heißt es also sinngemäß: Stauraum nutzen und im Reißverschlussverfahren einfädeln.

Sollten wir also die Verkehrsregeln ändern und es vorschreiben, dass sich jeder so früh wie möglich einzufädeln hat? Zu viele empfinden doch gerade die geltenden Regeln als falsch. Ich denke eine Abstimmung darüber hätte eine Chance auf Mehrheit, oder?

Aber was wäre „so früh wie möglich“? Ganz vorne auf einer Einfädelspur? Ganz vorne ist für einen langen LKW vermutlich etwas anderes als für einen Kleinwagen. Gerade bei sehr langen Einfädelspuren gibt es viele Punkte zum Spurwechsel, warum also gleich am Anfang einfädeln? Vielleicht lieber die Mitte, sodass auch ein LKW keine Probleme mit seiner Länge hätte? Aber wo ist die Mitte? Also doch bis zum Ende durchfahren?

Der Gesetzgeber hat den Einfädelpunkt definiert und der ist dort, wo es nicht mehr weiter geht. Damit kann niemand am Einfädelpunkt vorbeifahren und der Stauraum ist genutzt.

Macht man sich bewusst, dass jeder, der sich vor diesem Einfädelpunkt „einordnet“ den Durchsatz für die Spur in die er einfädelt im Verhältnis 1 zu 3 gegenüber der einfädelnden Spur verschlechtert, wird schnell klar, dass die bestehende Regel einen Sinn hat.

Warum 1 zu 3?

Für jeden, der sich vor dem Einfädelpunkt vor mir in den Stau einordnet muss ich am Einfädelpunkt 2 weitere Fahrzeuge rein lassen.
Den, den ich selbst einfädeln lasse und den, den mein Vordermann rein lassen muss, weil auch er dem Reißverschlussverfahren verpflichtet ist, auch wenn er sich selbst nicht daran gehalten hat.

Somit passieren die Engstelle letztendlich 3 Fahrzeuge aus der Einfädelspur und nur ein Fahrzeug aus der Spur in der ich dummerweise stand. Würden sich alle an die Regel halten wären beide Spuren stets gleich schnell. Die bestehende Regel sorgt also für Gerechtigkeit und Verkehrsfluss.

Wer das verstanden hat, wird zukünftig nicht jene als Egoisten empfinden die sich an die Regeln halten, sondern sich eher über die ärgern, die sich vorher rein drängelt und somit den Stau unnötig verlängern. Regeln haben also eine Berechtigung, – wenn sie denn logisch sind. Und wie wir diese Regeln empfinden hängt ganz von unserem Verständnis ab. Ändert sich unser Verständnis, folgt dem zwangsläufig auch unser Gefühl. Anders ausgedrückt, kann Aufklärung und Bildung eine Missempfindung beseitigen.

Genau dies sollte auch der Weg sein, wenn es um das Thema Gendern geht. Die derzeit noch geltende Freiwilligkeit könnte schon bald ein Ende finden, wenn es nach der Kanzlerkandidatin der Grünen Annalena Baerbock geht.

Sie spricht davon, dass gerade öffentliche Institutionen, und da arbeiten Menschen wie ich, zukünftig zum Gendern verpflichtet werden sollen. Es hat schon enorm etwas von DDR, wenn man dem Volk vorschreibt wie es zu sprechen und schreiben hat. Mein Demokratieverständnis ist ein Anderes.

Zitat aus Wikipedia:

——

In seinem Buch Logbuch Deutsch beschrieb der Germanist und Romanist Roland Kaehlbrandt die geschlechtergerechte Sprache als Produkt einer „Bevormundungsgesellschaft“, deren Akteure mit „übertriebener Selbstgewissheit“ ihre sprachpolitische Agenda verfolgten und hierbei eine Art „Moraldeutsch“ ins Leben gerufen hätten.

——

Wie aggressiv die Genderfraktion argumentiert, kann man sich auf der folgenden Seite ansehen.

Da wird bereits mit der Überschrift „Gendergerechte Sprache“ jeder als ungerecht diffamiert, der Rollenbegriffe richtig zu deuten weiß. In deren Augen gehöre ich also zu den Egoisten die am Stau vorbeifahren. Zu den Ungerechten, die sich einer gerechten Sprache verweigern.

Doch genau wie in meinem Beispiel Straßenverkehr, wird auch hier vor allem mit Empfindungen argumentiert. Ein Missempfinden, das darauf beruht, dass die elegante Generalisierung nur auf Basis des vorangestellten Artikels (Genus) als männlich (Sexus) gedeutet wird.

Rollenbegriffe sind neutral und fokussieren auf den einzigen Aspekt für den sie stehen; Die Rolle.

Rollenbegriffe stellen eine Generalisierung dar, machen die Sprache in Schrift und Wort effizient und sind ein Garant dafür, dass niemand vergessen und somit diskriminiert wird.

Zitat aus Wikipedia zur Aussage von Peter Eisenberg:

——

Eisenberg sieht im generischen Maskulinum „eine in der Sprache tief verankerte, elegante und leistungsstarke Möglichkeit zur Vermeidung von Diskriminierung.“ Er hält die semantische Charakterisierung des generischen Maskulinums „Frauen sind mitgemeint“ für inkorrekt: „Frauen sind gar nicht gemeint, ebenso wenig wie Männer oder Geschlechtsidentitäten jenseits der binären Norm.“

——

Wer dies verstanden hat wird keine Diskriminierung mehr wahrnehmen und verstehen das Mitarbeiter Mitarbeitende in einem Unternehmen sind. Aber nicht jeder Mitarbeitende muss auch Mitarbeiter sein.

Gendern ist also vor allem eins. Eine Anklage an unser Bildungssystem. Machen wir den Menschen zukünftig bewusst was die Generalisierung für einen wichtigen Zweck erfüllt, bevor die nächste Generation nicht mehr versteht, dass sie das Typenschild an einem Verbraucher nicht an einem Mann suchen muss.

Hinweis: Diesen Beitrag habe ich am 19. Sep. 2021 auf Facebook verfasst.