An den
Rat für deutsche Rechtschreibung
Sehr geehrte Ratsmitglieder
Was passiert gerade in Europa? Das fragen sich zunehmend mehr Menschen, die die Tendenz wahrnehmen, dass den Menschen ein Korsett angelegt werden soll. Die Regeln und Gesetze, die erlassen werden, wirken zum großen Teil willkürlich und werden gar nicht (neoliberale Ausrichtung), auf Basis von Annahmen (Corona) oder unter Heranziehung eines Missempfinden von Teilen der Gesellschaft (Gendern) begründet.
Gerade die „geschlechtergerechte Sprache“, die allein schon durch diese Benennung wertend ist, wird von sehr vielen Menschen als Eingriff in die Persönlichkeit wahrgenommen. Die Benennung impliziert, dass Menschen, die die geschlechtsneutrale Generalisierung als solche verstehen, eine „geschlechterungerechte“ Sprache verwenden.
Die Mehrheit der Bevölkerung wird also als ungerecht diffamiert.
(Siehe: Umfragen & Analysen ‹ Infratest dimap (infratest-dimap.de))
Wie weitreichend der Beschluss des Rats vom 26.03.2021 (Quelle:rfdr_PM_2021-03-26_Geschlechtergerechte_Schreibung.pdf (rechtschreibrat.com)), zur Anerkennung der „geschlechtergerechten Sprache“, über diesen Aspekt hinaus ist, möchte ich Ihnen hier noch einmal verdeutlichen. Ich habe die Hoffnung, dass Sie erkennen, dass wir einen falschen Weg eingeschlagen haben, der inzwischen sogar Parallelen zu sehr finsteren Zeiten der deutschen Geschichte aufweist.
Was ist Generalisierung?
Generische Begriffe, egal ob Femininum, Maskulinum oder Neutrum, haben den Zweck zusammen zu fassen und hierbei auf einen einzigen Aspekt zu fokussieren. Die Sichtbarmachung von Geschlechtern in der Sprache ist eine Zielstellung, die nicht mit dem Konzept der Generalisierung zu vereinbaren ist.
- Ich unterhalte mich gern mit einer Person, wenn sie meine Sprache spricht.
Ist „sie“ eine Frau? Möglich. Aber das Personalpronomen „sie“ bezieht sich auf das Genus der Generalisierung „Person“. Männer sind hier genauso wenig „mitgemeint“ wie jedes andere Geschlecht, denn die Generalisierung hat den Zweck auf einen Aspekt (Person) zu fokussieren und jeden anderen auszublenden. Dies macht unsere Sprache effizient und vermeidet Diskriminierung.
- Ich unterhalte mich gern mit meinem Gegenüber, wenn es meine Sprache spricht.
Ist „es“ ein Ding? Möglich, denn es gibt ja Geräte, die Verstehen und Sprechen können. Aber mein Gegenüber kann auch eine Person sein. Diese Generalisierung fokussiert einzig auf den Aspekt, dass es sich um jemanden oder etwas handelt, das sich, im gegebenen Kontext, gegenüber befindet. Romanautoren verwenden so etwas um Bilder zu erzeugen und Spannung aufzubauen, indem sie nicht zu viel verraten. - Ich unterhalte mich gern mit meinem Gesprächspartner, wenn er meine Sprache spricht.
Ja und auch hier wieder dieselbe Frage. Ist „er“ ein Mann? Die Regel ist dieselbe. Die Generalisierung kennt kein Geschlecht. Ein Partner kann alles oder jeder sein. Für viele ist es das Haustier an ihrer Seite, das stets ein offenes Ohr hat. Und doch könnte es sich bei dem Gesprächspartner auch um ein unbelebtes Gerät handeln, was klar macht, dass auch die Generalisierung etwas unbelebtes ist.
Ich möchte Bilder verwenden um das Prinzip der Generalisierung zu verdeutlichen.
Am Beispiel der Generalisierung „Verbraucher“ lässt sich zeigen, dass unsere Sprache sachlich und mitnichten männlich fokussiert ist.
Wichtig beim Lesen des Diagrammes ist, dass man die Pfeilrichtung beachtet. Die Generalisierung hat niemals Kenntnis von der konkreten Ausprägung, weshalb die Pfeile stets vom Konkreten hin zur Generalisierung zeigen. Dies kann sich über beliebig viele Ebenen erstrecken.
Eine Person kann, in gegebenem Kontext, ein Verbraucher sein. Ein Verbraucher ist aber mitnichten eine Person. „Verbraucher“ ist eine Rolle. Ein Platzhalter für eine nicht aufzählbare Menge an konkreten Ausprägungen verschiedenster Art. Nicht mehr und nicht weniger.
Aus demselben Grund ist sie, die Person, keine Frau. Eine Frau jedoch sehr wohl eine Person.
Möchte man auf ein spezielles Geschlecht verweisen, so ist die Generalisierung zu qualifizieren. Wir sprechen dann von weiblichen Personen oder männlichen Verbrauchern.
Frauen darf man gern als Verbraucherinnen bezeichnen. Wichtig ist nur, dass man erkennt, dass hierdurch die Generalisierung „Verbraucher“ nicht zu einer männlichen Variante mutiert. Möchte man Männer adressieren, so ist es erforderlich die Generalisierung entsprechend zu qualifizieren, da wir keinen Begriff für männliche Verbraucher besitzen.
Würde man auf Generalisierungen verzichten wollen, so wäre man gezwungen alle Varianten aufzuzählen. Versuchen Sie dies einmal anhand der Generalisierung „Gegenverkehr“. Sie werden schnell feststellen, dass die Aufzählung lang, mühselig und letztendlich vermutlich unvollständig ist. Vor allem dann, wenn Sie ebenfalls auf die Generalisierung „Kraftfahrzeug“ verzichten.
Der seit den Achtzigerjahren vorgenommene Versuch, Geschlechter in der Sprache explizit zu benennen, statt Generalisierungen wie Mitarbeiter, Kollegen, Bürger, etc. als solche zu verwenden, ist hierfür ein gutes Beispiel. Letztendlich erzeugte dieses Vorgehen eine nicht zu leugnende Diskriminierung, die nun mit Sonderzeichen im Wort behoben werden soll.
Die unbegründete Zerstörung unserer Sprache schreitet somit voran.
Es ist Zeit für eine Umkehr – bevor der Schaden noch größer wird.
Der richtige Weg ist die Anerkennung und Rehabilitierung der Generalisierung.
Sicherlich wäre ein Bildungsangebot für jene, die inzwischen kein Verständnis mehr für das Konzept der Generalisierung besitzen, hilfreich. Denn das Missempfinden, welches als Motivation zum Gendern angeführt wird, möchte ich nicht leugnen. Es beruht letztendlich jedoch auf einem Missverständnis. Ändert sich das Verständnis, so ändert sich auch das Empfinden.
Was bewirkt Gendern?
Eine künstlich geschaffene Betonung von Geschlechtern soll einen angeblich sexistischen Sprachgebrauch korrigieren. Hierbei wird die zugrundeliegende Fehlwahrnehmung, dass das generische Maskulinum den Mann meint, durch das Leugnen der Generalisierung verstärkt und so das Missverständnis manifestiert.
Durch das Betonen einer weiblichen Version des generischen Maskulinums (dies ist kein generisches Femininum), wird der Eindruck erweckt, das die Generalisierung (generisches Maskulinum) stets den Mann meint.
Man sagt „Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer“ und suggeriert, dass man „Liebe Zuschauerinnen und männliche Zuschauer“ gesagt hätte. Erst hierdurch entsteht der Eindruck, dass das generische Maskulinum „Zuschauer“ Männer meinen würde.
Zitat:
„.. Das generische Maskulinum ist nicht generisch ..“
(Quelle: Was Gendern bringt – und was nicht – quarks.de)
Mit dieser Überschrift leugnet man die Generalisierung ausschließlich im Falle des generischen Maskulinums und zieht ein Studienergebnis zur Begründung hinzu, welches lediglich beweist, dass jahrelanges Gendern bereits das Verständnis für das elegante Konzept der Generalisierung beschädigt hat.
Zitat:
„.. “Die Sozialarbeiter liefen durch den Bahnhof.”
“Wegen der schönen Wetterprognose trugen mehrere der Frauen keine Jacke.” ..“
(Quelle: Was Gendern bringt – und was nicht – quarks.de)
Wer bei dem Begriff „Sozialarbeiter“ nur an Männer denkt, der hat dasselbe Problem auch bei dem maskulinen Begriff „Verbraucher“.
„Der Verbraucher war nicht wirklich sparsam.“
„Der Hohe Energiebedarf war jedoch bereits auf dem Typenschild zu erkennen.“
Gerade das zweite Beispiel macht klar, dass Gendern nicht die Lösung, sondern das Problem ist. Die Unkenntnis über das Prinzip der Generalisierung führt stets zur Fehlwahrnehmung. Nicht nur dann, wenn es sich im Kontext um Personen handelt.
Wir Gendern nun schon seit ca. 40 Jahren und es zeigt sich heute mehr als deutlich, dass die Betonung der Geschlechter der falsche Weg ist. Das Missverständnis gräbt sich immer tiefer in die Köpfe der Menschen. Man hätte sofort durch Aufklärung gegensteuern müssen.
Die Generalisierung ist ein elegantes und wertvolles Konzept der deutschen Sprache.
Ursachenforschung
Zitat:
„.. Wenn wir über Gruppen sprechen, die aus Frauen und Männern bestehen oder bei denen das Geschlecht unbekannt ist, dann benutzen wir im Deutschen meist die männliche Variante, das generische Maskulinum. Eine Bezeichnung, die für alle stehen soll. ..“ (Quelle: Was Gendern bringt – und was nicht – quarks.de)
Hier wird deutlich, was das eigentliche Problem ist. Man verwendet maskulin und männlich synonym.
Das ist falsch.
Eine maskuline Frau bleibt eine Frau, genauso wie ein femininer Mann ein Mann bleibt. Eine männliche Frau kann es jedoch ebenso wenig geben wie einen weiblichen Mann. Feminin und Maskulin sind geschlechtsunabhängig und beschreiben lediglich eine Ausstrahlung, die ich mit muskulös und zart umschreiben würde. Sie werden mir sicher nicht widersprechen, dass es muskulöse Frauen und zarte Männer gibt.
Es ist also falsch zu behaupten, dass das generische Maskulinum eine männliche Variante ist. Es ist die maskuline Variante, was lediglich die Ausstrahlung des Artikels „der“ charakterisieren soll. Das Genus einer Generalisierung ist jedoch unerheblich für dessen Zweck und hat keinen Bezug zu einem biologischen oder gesellschaftlichen Geschlecht.
Ungeschickte Generalisierungen
Generalisierungen sind Rollen und damit zum Beispiel auch Berufsbezeichnungen. Einige dieser Berufsbezeichnungen sind sehr ungeschickt, da sie tatsächlich Geschlechtsspezifika enthalten.
Hier kommt eine kulturell historische Komponente zum Tragen. Die diversen Berufsbezeichnungen, wie zum Beispiel Krankenschwester, Hebamme oder Feuerwehrmann, entspringen einer teilweise jahrhundertealten Entwicklung.
Zu Recht werden solche Bezeichnungen heute kritisiert. Sie sollten in einer breiten öffentlichen Debatte zum Diskurs gestellt werden.
So könnte aus dem „Feuerwehrmann“ der „Brandbekämpfer“ werden. Wie oben bereits beschrieben könnte man nun also weibliche und männliche Brandbekämpfer explizit qualifizieren, ohne hierbei einen Widerspruch zu erhalten, wie er bei „weiblicher Feuerwehrmann“ auftreten würde. Die Rolle Brandbekämpfer inkludiert alles und jeden, der oder das diese Rolle repräsentieren kann. Somit werden auch Geschlechter jenseits der binären Form, Geräte und Tiere berücksichtigt.
Auch der Begriff „Fachkraft“ (generisch feminin) mit entsprechender Konkretisierung (Brandfachkraft) bietet sich für viele dieser Gelegenheiten an. Auf Begriffe wie „Mann“, „Frau“, „Schwester“, etc. sollte jedoch in Generalisierungen grundsätzlich verzichtet werden. Hierzu ist das Bewusstsein, dass es sich bei Berufsbezeichnungen und Rollen jeder Art, um Generalisierungen handelt, sicher hilfreich.
Mein Hilferuf
Die Sprache lebt und passt sich auf natürlichem Wege den realen Umständen und Entwicklungen des jeweiligen gesellschaftlichen Sprachraumes an. Aber niemals umgekehrt. Denn sprachlicher Zwang und Gleichschaltung sind die Feinde einer jeden freien Gesellschaft.
Gegenwärtig geht es um nichts Geringeres als die ideologische Deutungshoheit der Sprache!
Im öffentlichen Dienst ist nun zu erleben, wie das Gendern (mit Sonderzeichen im Wort wie zum Beispiel „Mitarbeiter:innen“) zur Pflicht gemacht wird. Ein Vorgang, der jeder Rechtsgrundlage entbehrt, aber auf den Effekt setzt, den man sich bereits 1933 bei der Einführung des Hitlergrußes zunutze gemacht hat.
Zitat:
„.. Im Juli 1933 gab es die ersten offiziellen Erlasse zum neuen deutschen Gruß. „Es gab eine Anordnung an alle unteren Behörden im ganzen Reich, diesen Gruß als Verpflichtung in den Behörden durchzusetzen“ erklärt Allert. ..“ (Quelle: Wie entstand der Hitlergruß? | MDR.DE)
Lohnabhängige und Studenten sollen unter Androhung von Repressalien (Abmahnungen oder Punktabzüge in Prüfungen) gefügig gemacht werden, um eine unlogische und rein ideologisch begründete Sprachänderung zu übernehmen. (Siehe: Kassel: Student benutzt keine genderneutrale Sprache – Punktabzug – WELT)
Ich fühle mich mit Erschrecken an den Faschismus erinnert und muss feststellen, dass auch vor öffentlicher Diskriminierung in Medien und Politik nicht zurückgeschreckt wird. Begriffe wie Respekt, aber auch Rassismus und eben Sexismus, werden umdefiniert und zum Teil als ideologisches Schwert geführt.
Im Buch „Der Weg zur Knechtschaft“ (Siehe: Der Weg zur Knechtschaft – Wikipedia) hat Friedrich August von Hayek sehr eindrucksvoll beschrieben, wie man die Sprache der Menschen umdeuten muss, um Ideologien den Weg zu ebnen. Denn wer die Deutungshoheit besitzt kann dem Sprechenden schnell das Wort im Munde umdrehen und ihm, wie im Falle des nicht genderns, Sexismus vorwerfen. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht zufällig, dass die „Richtlinien zur Vermeidung sexistischen Sprachgebrauchs“ zusammen mit dem Neoliberalismus, in den Achtzigerjahren, in Europa auf den Plan traten.
Auch ich gehöre nun zu den „alten weißen Männern“, die man heute ganz öffentlich diskriminieren darf, nur weil meine Sichtweise nicht der Ideologie entspricht, die sich derzeit anmaßt eine „natürliche Sprachentwicklung“, auf Basis einer Missempfindung, zu befehlen.
Das Missverstehen soll manifestiert werden, um eine Spaltung der Gesellschaft zu erreichen. Dies soll die Aufmerksamkeit der Menschen von den neoliberalen Maßnahmen, zur Enteignung des Volkes, ablenken und jene identifizieren, die sich der Ideologie verweigern.
Die angebliche Freiwilligkeit und damit das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2 Absatz 1 GG), sowie das Grundrecht auf die Freiheit des Gewissens (Artikel 4 Absatz 1 GG), werden hierbei durch das Unternehmensrecht ausgehebelt, sodass nicht nur Journalisten zur Verwendung künstlich erzeugter Sprachkonstrukte genötigt werden, sondern auch Mitarbeiter in jeglichen Unternehmen, die auf ihren Webseiten und Flyern dabei mithelfen die neue Sprache unter das Volk zu bringen. Das Sprachempfinden der genötigten Mitarbeiter spielt hierbei keine Rolle!
Ist das Unternehmensrecht also ein Bypass um das Grundrecht?
Seit der Anerkennung der „geschlechtergerechten Sprache“ durch den Rat für deutsche Rechtschreibung fühlen sich einige wenige Ideologen legitimiert eine Resozialisierung der gesamten Gesellschaft vornehmen zu dürfen!
Ich bitte Sie daher ein Zeichen zu setzen und Ihre Empfehlung zu Gunsten der Generalisierung zu ändern. Machen Sie deutlich, dass der eingeschlagene Weg ein Irrweg ist. Irren ist menschlich und keine Schande, wenn man letztendlich neuen Erkenntnissen folgt.
Machen Sie der Spaltung der Gesellschaft, zumindest in diesem Punkt, ein Ende und geben Sie uns unsere Sprache zurück. Rehabilitieren Sie die Generalisierung und machen Sie es Ideologen schwer Ihres Gleichen bereits am Gruß zu erkennen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Leist
Hinweis:
Dieser Text ging als PDF per Mail am 21.06.2022 an info@rechtschreibrat.com.
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